Denn, wie schon Konstantin Wecker sagt:
„Unter Drogen findet man nicht sich selbst,
sondern nur seinen Schatten.“
Es ist daher mein besonderes Anliegen, mein Wissen und meine beruflichen Erfahrungen mittels dieser Seite weiterzugeben und auf die Risiken und Gefahren von Drogen hinzuweisen, um der vielfachen Verharmlosung des Betäubungsmittelkonsums entgegenzuwirken.
INHALT DER SEITE
Die Seite www.betaeubungsmittelrecht.info informiert über die Rechtslage in Betäubungsmittelsachen und die verschiedenen Arten illegaler Drogen, insbesondere über deren Herkunft und Wirkungsweise. Als langjähriger Staatsanwalt in einem Drogendezernat bei der Staatsanwaltschaft Trier habe ich mein besonderes Interesse am Betäubungsmittelstrafrecht entdeckt. Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit den rechtlichen, naturwissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Aspekten rund um Drogen, sei es hauptberuflich oder nebenberuflich als Autor, Referent oder Sachverständiger in politischen Gremien. Da gerade zum Betäubungsmittelrecht im Netz viele Falschinformationen zu finden sind, möchte ich auf dieser Seite eine sachlich neutrale und rechtlich fundierte Information zum Betäubungsmittelrecht anbieten. In der Rubrik „News“ berichte ich regelmäßig über interessante Rechtsprechung zum Betäubungsmittelrecht und aktuelle Gesetzesänderungen.
NEWS
27.06.2024
Änderungen des NpSG mit Unterstellung von HHC und verschiedenen LSD-Derivaten sind heute in Kraft getreten
26.06.2024
Änderungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) und des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) sind heute in Kraft getreten
02.01.2024
BGH legt die nicht geringe Menge für das synthetische Cannabinoid 4F-MDMB-BICA fest
19.03.2022
BGH legt nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide 5F-ADB und AMB-FUBINACA fest
11.11.2021
Änderung des BtMG mit Aufnahme von 4 neuen Stoffen in Anl. II in Kraft getreten
NEWS
23.07.2022
Wichtige Arbeitserleichterung für die Gerichte bei der Festlegung der nicht geringen Menge
18.07.2022
Gedanken zur Cannabislegalisierung
03.07.2022
BGH betritt (erfreuliches) Neuland: Keine Wirkstoffuntersuchung mehr beim Umgang mit Betäubungsmitteln in Kleinmengen!?
19.03.2022
BGH legt nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide 5F-ADB und AMB-FUBINACA fest
11.11.2021
Änderung des BtMG mit Aufnahme von 4 neuen Stoffen in Anl. II in Kraft getreten
NEWS
07.07.2021
Staatlicher Verkauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland gestartet
03.07.2021
Änderung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) mit Aufnahme von zwei neuen Stoffgruppen
03.07.2021
Änderung des NpSG mit Aufnahme von 2 neuen Stoffgruppen in Kraft getreten
22.05.2021
Änderung des BtMG mit Aufnahme von 4 neuen Stoffen in Kraft getreten
22.05.2021
Änderung der BtMVV in Kraft getreten
RECHTSLAGE - BETÄUBUNGSMITTELGESETZ
Der Gesetzgeber hat den Umgang mit Stoffen, die als Betäubungsmittel eingestuft sind, im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geregelt. Der unerlaubte Umgang mit Betäubungsmitteln stellt nach den §§ 29 bis 30a BtMG eine Straftat dar.
1. Betäubungsmitteleigenschaft
Nur der Umgang mit solchen Substanzen unterfällt dem BtMG, die in den Anl. I bis III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt sind (s. dazu Die einzelnen Betäubungsmittel – Verweis). In Anl. I sind nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel enthalten, wozu gesundheitsschädliche Stoffe zählen, die für medizinische Zwecke ungeeignet sind oder deren therapeutischer Wert in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrer Schädlichkeit steht (z.B. Heroin, LSD, Psilocybin). In Anl. II finden sich Betäubungsmittel, die verkehrs-, aber nicht verschreibungsfähig sind, z.B. Rohstoffe, Grundstoffe, Halbsynthetika und Zwischenprodukte, die in der Pharmaindustrie und zur Analytik eingesetzt werden. Anl. III enthält verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel, also Stoffe, die grundsätzlich vom Arzt verordnet oder angewendet werden dürfen, z.B. Amphetamin, Methylphenidat (zum straflosen Umgang mit vom Arzt verschriebenen Betäubungsmitteln siehe Zf. 2).
Das BtMG kann auch eingreifen, wenn ein in § 2 BtMG genannter Stoff, z.B. Pflanzen, Pilze oder sogar Tiere, eine in den Anlagen I bis III genannte Substanz enthält, sofern ein Missbrauch zu Rauschzwecken vorgesehen ist. Damit können auch die Krötenarten Bufo Avarius und Bufo Marinus sowie Bufo Vulgaris Betäubungsmittel sein, da diese aus Drüsen hinter ihren Ohren einen milchigweißen Schleim absondern, der den in Anlage I gelisteten Stoff 5-Methoxy-DMT (auch 5-MeO-DMT genannt) enthält.
2. Erlaubnisvorbehalt
Grundsätzlich setzt der Umgang mit Betäubungsmitteln gemäß § 3 Abs. 1 BtMG eine Erlaubnis voraus. Fehlt diese, ist der Umgang mit Betäubungsmitteln strafbar, es sein denn, der Umgang ist gem. § 4 BtMG von der Erlaubnispflicht ausgenommen, z.B.
- die Herstellung von Betäubungsmitteln der Anl. II und III und die Abgabe von Betäubungsmitteln der Anl. III durch Apotheker,
- der Erwerb von Betäubungsmitteln der Anl. III in einer Apotheke aufgrund einer ärztlichen Verschreibung (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a BtMG) oder
- die Ein- und Ausfuhr von ärztlich verschriebenen Betäubungsmitteln der Anl. III als Reisebedarf (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BtMG).
Gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a BtMG können also Patienten ihnen vom Arzt verschriebene Betäubungsmittel in der Apotheke legal beziehen,
3. Einzelne Straftatbestände
§ 29 BtMG als Grundtatbestand stellt eine Vielzahl von Handlungen mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe zwischen einem Monat und fünf Jahren unter Strafe. Dies sind zum Beispiel Einfuhr, Erwerb, Abgabe, Veräußern oder Handeltreiben in Abs. 1 S. 1 Nr.1, der Besitz in Abs. 1 S. 1 Nr. 3 für den Fall, dass eine Erwerbshandlung nicht zu konkretisieren ist, sowie die Verbrauchsüberlassung in Abs. 1 S. 1 Nr. 6b), die bei sog. „Raucher- oder Konsumrunden“ einschlägig ist. Bei besonders schweren Fällen ist nach Abs. 3 eine Mindeststrafe von einem Jahr möglich.
Wichtig zu wissen ist, dass bereits der Umgang mit kleinsten, gebrauchsfähigen Mengen strafbar ist. Das Gerücht, dass der Erwerb oder Besitz von geringen Mengen Cannabis straflos sei, ist daher falsch! Richtig ist. Die Staatsanwaltschaft kann in diesen Fällen aber unter Umständen gem. § 31a BtMG von der Verfolgung absehen, wenn die Betäubungsmittel in geringer Menge für den Eigenverbrauch bestimmt sind.
§ 29a BtMG sieht als Verbrechenstatbestand Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und fünfzehn Jahren für die Abgabe von Betäubungsmitteln durch eine Person über 21 Jahren an Minderjährige sowie bei Handeltreiben oder Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor. Bei der nicht geringen Menge stellt die Rechtsprechung nicht auf die Gewichtsmenge des Betäubungsmittelgemischs ab, sondern auf die Wirkstoffmenge. Die nicht geringe Menge wird in einem zweistufigen Verfahren durch ein Vielfaches der zum Erreichen eines Rauschzustandes erforderlichen Wirkstoffmenge bestimmt, welche aus dem Produkt einer Einzelmenge und einer an der Gefährlichkeit orientierten Maßzahl (gemessen in Konsumeinheiten) errechnet wird. Wenn eine Festlegung der maßgeblichen Einzelmenge nicht möglich ist, erfolgt die Festlegung der nicht geringen Menge mittels eines Vergleichs mit verwandten Wirkstoffen. Die nicht geringe Menge der gängigsten Betäubungsmittel sieht wie folgt aus:
§ 30 BtMG enthält als praxisrelevanteste Tatbestandsalternative in Abs. 1 Nr. 4 die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wofür eine Strafandrohung von nicht unter zwei Jahren Freiheitsstrafe besteht.
§ 30a regelt besondere Banden- und Waffendelikte im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren.
4. Pseudodrogen
Grundsätzlich entfällt eine Strafbarkeit nach dem BtMG, wenn ein Stoff nicht in den Anl. I bis III zu § 1 Abs. 1 BtMG enthalten ist. Hiervon macht § 29 Abs. 6 BtMG eine Ausnahme. Nach dieser Vorschrift macht sich ein Täter strafbar, der mit einer Substanz Handel treibt, sie abgibt oder veräußert, bei der es sich zwar nicht um ein in den Anlagen aufgeführtes Betäubungsmittel handelt, diese aber als solches ausgibt (sog. Pseudodrogen oder Betäubungsmittelimitate).
5. Ärztliche Verschreibung von Betäubungsmitteln
Ärzten ist es (mit wenigen Ausnahmen) nicht erlaubt, Betäubungsmittel an Patienten abzugeben, d.h. ihnen die tatsächliche Sachherrschaft an den Betäubungsmitteln zu übertragen (sog. Dispensierverbot); dies ist Apotheken vorbehalten. Ärzte dürfen aber gem. § 13 Abs. 1 BtMG Betäubungsmittel der Anl. III verschreiben, verabreichen (= unmittelbare Anwendung bei Patienten ohne dessen Mitwirkung) und zum unmittelbaren Verbrauch überlassen (= Aushändigen an den Patienten zur sofortigen Einnahme). Voraussetzung für die Verschreibung/Verabreichung/Verbrauchsüberlassung durch Ärzte ist, dass die Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist (§ 13 Abs. 1 S. 1 BtMG) und der beabsichtige Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden darf (§ 13 Abs. 1 S. 2 BtMG).
Einzelheiten der Verschreibung von Betäubungsmitteln regelt die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV). Für die Verschreibung von Betäubungsmitteln für Patienten und für den Praxisbedarf des Arztes gibt es spezielle (dreiteilige) Betäubungsmittelrezepte (§ 8 BtMVV). § 9 BtMVV schreibt vor, welche Angaben das Betäubungsmittelrezept enthalten muss, z.B. eine eindeutige Arzneimittelbezeichnung, die Menge des verschriebenen Arzneimittels in Gramm, Milliliter oder Stückzahl der abgeteilten Form und eine Gebrauchsanweisung mit Einzel- oder Tagesgabe.
6. Substitutionsmittel
BtMG und BtMVV lassen die ärztliche Verschreibung bestimmter Betäubungsmittel als Substitutionsmittel zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zu (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BtMVV). Als leitendes Ziel der Substitutionsbehandlung soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden (§ 5 Abs. 2 S. 1 BtMVV). Als Substitutionsmittel kommen vor allem Levomethadon, Methadon und Buprenorphin zur Anwendung, ganz selten auch Codein und Dihydrocodein.
Grundsätzlich dürfen Substitutionsmittel den Patienten nur zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden, sog. Sichtvergabe (Ausnahme: Codein und Dihydrocodein, s. § 5 Abs. 7 S. 2 BtMVV). Die Sichtvergabe kann in der Apotheke, in der Praxis des Arztes, in einem Krankenhaus, in Gesundheitsämtern, Hospizen, Alten- oder Pflegeheimen oder durch ambulante Pflegedienste erfolgen (§ 5 Abs. 9 BtMVV).
Ein Substitutionsmittel kann in Fällen, in denen die Kontinuität der Behandlung nicht anderweitig gewährleistet ist, ausnahmsweise in der bis zu sieben Tagen benötigten Menge verschrieben und dem Patienten die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden ( § 5 Abs. 8 S. 1 Nr. 2 BtMVV). Die Aushändigung des Substitutionsmittel erfolgt ausschließlich in der Apotheke. Voraussetzung ist, dass der Verlauf der Behandlung dies zulässt, Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Zudem kann eine eigenverantwortliche Einnahme für bis zu 7 Tage gestattet werden, sobald und solange der substituierende Arzt zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nicht mehr erforderlich ist (§ 5 Abs. 8 S. 2 BtMVV). In begründeten Ausnahmefällen, z.B. bei immobilen Patienten oder Auslandsreisen, ist sogar eine Verschreibung und eigenverantwortliche Einnahme für bis zu 30 Tagen möglich (§ 5 Abs. 8 S. 2 BtMVV).
Eine Besonderheit besteht bei der Substitution mit Diamorphin (= pharmazeutisch hergestelltes Heroin), welche durch Gesetz zur diamorphingestützten Substitution vom 15.7.2009 eingeführt wurde. Die Substitutionsbehandlung mit Diamorphin erfolgt ausschließlich in durch die zuständige Landesbehörde anerkannten Einrichtungen mit Anschluss an das örtliche Suchthilfesystem und ausreichender sachlicher und personeller Ausstattung (§ 5a Abs. 2 BtMVV). Behandelt werden dürfen nur Personen mit einer seit mindestens 5 Jahren bestehenden Opiatabhängigkeit, verbunden mit schwerwiegenden somatischen und psychischen Störungen bei derzeit überwiegend intravenösem Konsum, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und bei denen zwei erfolglos beendete Behandlungen der Opiatabhängigkeit, davon eine mindestens 6-monatige Behandlung, nachgewiesen sind (§ 5a Abs. 1 BtMVV).
Die Verschreibung von Substitutionsmitteln ist auf dem Betäubungsmittelrezept mit einem „S“ zu kennzeichnen (§ 5 Abs. 6 S. 3 BtMVV).
RECHTSLAGE - NEUE PSYCHOAKTIVE STOFFE
1. Phänomen der NPS
Seit dem Jahr 2005 macht eine besondere Form der Designerdrogen von sich reden, die sog. Neuen Psychoaktiven Stoffe (NPS). Darunter versteht man noch nicht in das BtMG aufgenommene psychoaktiv wirkende Substanzen oder Produkte, die speziell dafür entwickelt wurden, die Wirkungen klassischer Drogen nachzuahmen. Sie werden als vermeintlich harmlose Kräutermischungen, Badesalze, Lufterfrischer oder Research Chemicals (Forschungschemikalien) angeboten und als sog. Legal Highs angepriesen, denen Neue Psychoaktive Stoffe aus verschiedenen chemischen Stoffgruppen zugesetzt werden (z.B. synthetische Cannabinoide, Amphetamin-Derivate oder synthetische Opioide). In Deutschland fanden NPS erstmals im Jahr 2008 mit dem Auftreten des Produkts „Spice“ öffentliche Beachtung. „Spice“ wurde als vermeintlich harmlose, zum Räuchern bestimmte Kräutermischung angeboten, die aber tatsächlich rauchend konsumiert wurde, um durch die enthaltenen synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47, 497 Cannabis-ähnliche Rauschzustände zu erzielen. Seitdem sind über das EU-Frühwarnsystem über 790 verschiedene NPS festgestellt worden, zuletzt 53 NPS im Jahr 2019 (EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2020, S. 33).
2. Rechtslage nach dem BtMG
Der Umgang mit NPS einschl. Besitz und Erwerb unterfallen dem BtMG, wenn die NPS in die Anl. I bis III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgenommen sind, z.B. die synthetischen Cannabinoide JWH-018 oder CP 47, 497 (s. hier)
3. Rechtslage nach dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG)
Um der weiteren Ausbreitung der NPS entgegenzuwirken, wurde am 26.11.2016 das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) erlassen. Anders als beim BtMG, bei dem Einzelstoffe in die Anlagen I bis III aufgenommen werden, um sie als Betäubungsmittel einzustufen (sog. Positivliste), verfolgt das NpSG den Ansatz, den missbräuchlichen Umgang mit NPS aus bestimmten Stoffgruppen zu verbieten. Das NpSG sah zunächst die Unterstellung von zwei Stoffgruppen vor, namentlich den synthetischen Cannabinoiden und den von 2-Phenethylamin abgeleiteten Verbindungen. Mit Wirkung vom 18.7.2019 wurden drei weitere Stoffgruppen in die Anlage zum NpSG aufgenommen, nämlich die Stoffgruppen der Benzodiazepine, der von N-(2-Aminocyclohexyl)amid abgeleiteten Verbindungen und der von Tryptamin abgeleiteten Verbindungen. Am 3.7.2021 folgte die Unterstellung der Stoffgruppen der von Arylcyclohexylamin abgeleiteten Verbindungen und der von Benzimidazol abgeleiteten Verbindungen. Damit enthält das NpSG nun insgesamt sieben Stoffgruppen.
Stoffe, die sich als nicht nur gering psychoaktiv und als in besonderer Weise gesundheitsgefährdend erweisen sowie in größerem Ausmaß missbräuchlich verwendet werden als NPS, werden auch weiterhin enumerativ in die Anlagen des BtMG aufgenommen. In diesen Fällen gehen die Regelungen des BtMG denen des NpSG vor (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 NpSG). Gleiches gilt für das AMG bei Arzneimitteln im Sinne des § 2 Abs. 1, 2, 3a, 4 S. 1 AMG (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 NpSG).
Nach dem NpSG sind das Handeltreiben, das Inverkehrbringen, das Herstellen, das Verbringen in den, aus dem und durch den Geltungsbereich des Gesetzes, das Verabreichen, das Besitzen und das Erwerben verboten (§ 3 Abs. 1 NpSG). In diesen Fällen kann eine Sicherstellung und Vernichtung von NPS durch die Polizei oder Zoll erfolgen (§ 3 Abs. 3 und Abs. 4 NpSG). Ausgenommen vom Verbot sind zum einen anerkannte industrielle und gewerbliche Verwendungen eines NPS im konkreten Einzelfall sowie Verwendungen zu Forschungszwecken, die nicht dem Konsum und der Erzielung einer psychoaktiven Wirkung dienen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 NpSG).
Das Handeltreiben mit NPS, das Inverkehrbringen, das Verabreichen, das Herstellen zum Zwecke des Inverkehrbringens und das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zwecke des Inverkehrbringens sind nach § 4 Abs. 1 NpSG als Straftat eingestuft (Strafandrohung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre). Besonders schwerwiegende Begehungsweisen (z.B. das gewerbs- oder bandenmäßige Handeltreiben oder die Abgabe von Personen über 21 Jahre an Jugendliche) sind überdies als Verbrechen mit Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr bis zu zehn Jahren ausgestaltet (§ 4 Abs. 3 NpSG). Der Besitz und Erwerb von NPS zum Zwecke des Eigenkonsums ist nicht unter Strafe gestellt.
Zum Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz im Detail und zu den ersten Erfahrungen mit dem Gesetz siehe meine Aufsätze in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2017, 263 ff. und der Deutschen Richterzeitung (DRiZ) 2021, 26 ff.
RECHTSLAGE - CANNABIS
Cannabis ist seit dem 1.4.2024 kein Betäubungsmittel mehr, es wird nun in einem Konsumcannabisgesetz (KCanG) und einem Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) geregelt.
Das KCanG sieht in § 2 Abs. 1 ein umfassendes verwaltungsrechtliches Verbot für den Umgang mit Cannabis vor, das auch den Besitz, Anbau oder Erwerb von Cannabis umfasst.
Hiervon ausgenommen sind gem. § 2 Abs. 3 KCanG der private Eigenbau von bis zu drei Pflanzen nach § 9 KCanG durch Personen über 18 Jahren und der gemeinschaftliche Eigenanbau nebst Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen. Zudem ist der Besitz von bis zu drei Cannabispflanzen und bis zu 50 g Cannabis am Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt bzw. bis zu 25 g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 3 KCanG erlaubt. Eine Rückausnahme enthält wieder § 2 Abs. 3 Satz 2 KCanG: Die vorgenannten Ausnahmen gelten nicht in militärischen Bereichen der Bundeswehr, d.h. in Kasernen darf Cannabis weder angebaut noch besessen werden.
Verstöße gegen das Umgangsverbot des § 2 KCanG sind in § 34 KCanG unter Strafe gestellt. Der strafbare Besitz beginnt allerdings erst bei mehr als 30 g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthalts oder bei mehr als 60 g Cannabis insgesamt (z.B. mehr als 30 g zu Hause und mehr als 30 g außerhalb) oder bei mehr als drei lebenden Cannabispflanzen. Der Erwerb ist erst bei mehr als 25 g Cannabis pro Tag oder mehr als 50 Gramm Cannabis pro Kalendermonat strafbar. Besonders schwere Fälle sind in § 34 Abs. 3 KCanG mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bedroht, z.B. beim gewerbsmäßigen Umgang mit Cannabis und beim Umgang mit Cannabis in nicht geringer Menge. In § 34 Abs. 4 KCanG finden sich Verbrechenstatbestände mit Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren, z.B. die gewerbsmäßige Ab- oder Weitergabe von Cannabis durch Personen über 21 Jahre an Minderjährige oder das bandenmäßige oder bewaffnete Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge.
Der Besitz von mehr als 25 g und bis zu 30 g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthalts oder von insgesamt mehr als 50 g und bis zu 60 g Cannabis ist nach § 36 KCanG als Ordnungswidrigkeit eingestuft, ebenso wie der Besitz von Cannabis in grundsätzlich erlaubter Menge in militärischen Bereichen.
Cannabis zu medizinischen Zwecken kann nun auf einem „normalen“ Rezept verschrieben werden, die Abgabe erfolgt weiterhin in Apotheke aufgrund der ärztlichen Verschreibung (§ 3 MedCanG). Der unerlaubte Umgang mit Medizinalcannabis ist nach § 25 MedCanG strafbewehrt, wobei auch hier der Besitz von nicht mehr als 60g Medizinalcannabis am Wohnsitz des Täters oder seinem gewöhnlichen Aufenthalt bzw. insgesamt oder von nicht mehr als 30g Medizinalcannabis außerhalb des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes von der Strafe ausgenommen ist (§ 25 Abs. 2 Nr. 1 MedCanG), ebenso der unerlaubte Erwerb von bis zu 25g Medizinalcannabis pro Tag oder 50g pro Kalendermonat (25 Abs. 2 Nr. 2 MedCanG).
LESENSWERTES
Ltd. Regierungsdirektor, Prof. Dr. Jörn Patzak
Über viele Jahre war ich Mitherausgeber der Onlinezeitschrift für Suchtstoffrecht (OzSR). Aus zeitlichen Gründen mussten wir die OzSR leider einstellen. Die dort veröffentlichten Artikel rund um das Betäubungsmittelrecht möchte ich Ihnen hier zugänglich machen:
© Dr. Jörn Patzak 2021